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Wiedereingliederung Haftentlassener braucht Mitwirkung der Gesellschaft
Düsseldorf (2mind) – Die Sozialdienste in den Justizvollzugsanstalten sind auf die Zusammenarbeit mit freien Trägern angewiesen. „Wir brauchen Hilfe und Zusammenarbeit mit Ihnen als unsere wichtigsten Partner“, sagte Melanie Pracht, die das strukturierte Übergangsmanagement der 36 nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten koordiniert, auf einer Veranstaltung der Diakonie am 13. Februar in Düsseldorf. Die Mittelkürzungen für die freie Straffälligenhilfe belasteten daher auch die Sozialdienste der Justiz. „Das trifft uns auch, weil wir angewiesen sind auf unsere Partner“, so Pracht.
Ein Ziel der Kooperation sei es, dass im Vollzug begonnene Maßnahmen nach der Entlassung fortgeführt werden, damit sich Behandlungsergebnisse nicht in Luft auflösten. „Übergangsmanagement ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe“, so Pracht weiter „Wir brauchen ganz klar das Verständnis und die Unterstützung von Institutionen draußen.“
Eine Herausforderung im Übergangsmanagement sei der Umgang mit Sexualstraftätern, „weil wir diese Menschen ganz schwer unterbringen und auf Kooperationen angewiesen sind“, sagte Pracht. Insgesamt sei es Aufgabe des Übergangsmanagements, neue Kooperationen zu schließen, bestehende Kooperationen zu stärken, Probleme zu identifizieren und so Strukturen für die Inhaftierten zu verbessern.
Probleme bei der medikamentösen Versorgung
Auf der vom Evangelischen Fachverbandes Straffälligenhilfe Rheinland-Westfalen-Lippe veranstalteten Tagung berichteten zwei Mitarbeiterinnen des Haus Bruderhilfe (Essen) aus der Praxis der freien Straffälligenhilfe. Manche langjährig Inhaftierte erlebten mit der Haftentlassung eine „totale Reizüberflutung“, sagte Shireen Horn. Sie wollten alles auf einmal machen, etwa sich mit ihren zerstrittenen Familien treffen. „Dann ist der nächste Rückfall nicht weit weg.“ Weiter berichtete Horn von Problemen mit der medikamentösen Versorgung Haftentlassener. „Wenn Leute medikamentös eingestellt worden sind in Haft, auf Psychopharmaka, dann bekommen die keine eine Tablette mit bei der Entlassung.“ Eine Übernahme von Behandlungskosten sicherzustellen, brauche aber Zeit.
„Niemand soll ungesegnet gehen müssen.“
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Für den Einsatz von Ritualen bei der Aufnahme in oder der Entlassung aus stationären Einrichtungen der Straffälligenhilfe sprach sich Hauke Faust, evangelischer Gefängnisseelsorger in der JVA Duisburg-Hamborn, aus. „Der Übergang in Freiheit ist prekär. Schließlich ist der Inhaftierte ja gerade an der Freiheit gescheitert. Entsprechend ambivalent werden die Gefühle sein“, sagte Faust. Rituale könnten in dieser Situation Kontinuität und Halt vermitteln.
Solche Rituale sollten kurz und konzentriert gestaltet werden. „Die Symbole sind einfach und eindringlich, die Gesten sparsam. Lieber eine einzelne Kerze anzünden als eine ganze Lichterkette.“ Dabei sollte die Möglichkeit bestehen, Hoffnungen und Ängste auszusprechen. Ein wesentliches Ritual sei der Segen als Zuspruch der treuen Begleitung Gottes. „Niemand sollte ungesegnet in einen neuen Lebensabschnitt gehen müssen“, so der Gefängnisseelsorger.
Auf einer Mitgliederversammlung im Anschluss an die Fachtagung beschloss der Evangelische Fachverband Straffälligenhilfe RWL Anpassungen seiner Satzung, etwa im Blick auf die digitale Kommunikation, und wählte seinen Vorstand neu.
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