Geistlich lebendig bleiben – auch in der 3. Generation

Auf einer Bühne steht ACL-Vorstand Eberhard Ruß mit Martin Scheurmann, Haus Schönblick
ACL-Vorstand Eberhard Ruß (rechts) mit Martin Scheuermann, Haus Schönblick (Foto: Achim Halfmann / 2mind)

Standortbestimmung auf der 100. Tagung der Arbeitsgemeinschaft christlicher Lebenshilfen (ACL)

Blankenheim (Eifel) – Wie bleibt der missionarische Auftrag in diakonischen Werken lebendig? Mit dieser Frage beschäftigten sich die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft christlicher Lebenshilfen (ACL) auf ihrer 100. Jahrestagung vom 9. bis 11. November in Blankenheim (Eifel). Mit dabei waren 85 Leitungspersonen aus 38 christlichen Werken.

Christlicher Auftrag sei es, Menschen mit der Rettungsbotschaft zu erreichen, so Eberhard Ruß, Vorstandsvorsitzender von Neues Land (Hannover) und Mitglied im ACL-Leitungskreis. Viele Mitgliedswerke seien in den 1970er Jahren entstanden, manche würden bereits von der dritten Generation geleitet. „Wie bleiben wir in unseren Häusern lebendig?“, ist für Ruß eine Kernfrage. Dabei gehe es nicht um christliche Bekenntnisse in schriftlichen Leitbildern, sondern um den gelebten Glauben im Alltag der christlichen Einrichtungen. Ruß: „Mir ist wichtig, dass das, was draufsteht, auch drin ist.“ Lebendiger christlicher Glaube brauche den Austausch, so wie ihn die ACL-Konferenz biete. In vielen sozialmissionarischen Werken habe sich jetzt eine jüngere Generation auf den Weg gemacht. Ruß: „Ich wünsche mir, dass sie mit hierherkommen und uns herausfordern.“

Sprachfähig bleiben gegenüber Menschen in Randgruppen

Für die ACL-Mitgliedswerke sei zudem die Nähe zu den christlichen Kirchen und Gemeinden wichtig. „Gemeinden sind ein Ort, wo Menschen mit Lebenskrisen andocken“, so Ruß. Aus den Gemeinden würden solche Menschen in die ACL-Werke vermittelt und nach ihrem Aufenthalt dort kehren viele in die Gemeinden zurück. Für die häufig in bürgerlichen Milieus verorteten Gemeinden besteht laut Ruß eine Herausforderung darin, ihre Sprachfähigkeit gegenüber Menschen in Randgruppen nicht zu verlieren – wenn sie den biblischen Auftrag umsetzen wollen, an die „Hecken und Zäune“ zu gehen.

„Die Jesus-People-Bewegung schwappte von Amerika herüber“

Zu den ACL-Initiatoren zählt Rolf Waldeck, Gründer der sozialmissionarischen Initiative „Hoffnung für Dich“ (Wabern/Nordhessen), der auf der Tagung aus der Anfangszeit der ACL berichtete. Die frühen 1970er Jahre „waren die Zeit der Jesus-People-Bewegung, die schwappte von Amerika herüber“, so Waldeck. In Deutschland entstanden missionarische Teestuben und Christen eröffneten Häuser für drogenabhängige Menschen. Waldeck weiter: „Anfangs war es so, dass wir keine Ahnung hatten: Wie geht man mit drogenabhängigen Menschen um? Wie geht man mit psychisch kranken Menschen um?“ Die heutige ACL-Tagung – in den ersten Jahren hieß sie „Kontakt-Tagung“ – war ein Austauschforum für Christen, die diesen Menschen vom Glauben her geholfen haben und in den Folgejahren mit pädagogischem und therapeutischem Wissen Konzepte dazu entwickelten. „Bei der ACL ist die Glaubensbasis bis heute geblieben“, so Waldeck. „Deshalb gibt es Andachten in unseren Häusern.“ Trotz der unterschiedlichen gemeindlichen Hintergründe sei es in der ACL nie zu theologischen Konflikten gekommen. Waldeck: „Die Unterschiede waren eine Bereicherung.“

Gesunde Opferbereitschaft fördern

Zu den ACL-Leitern der 3. Generation zählt German Karatsev, Geschäftsführender Vorstand bei Hoffnung für Dich e.V. – Schloss Falkenberg (Wabern). Ihm ist es wichtig, den Begriff der Opferbereitschaft im christlichen Dienst für die jüngeren Mitarbeitenden zu füllen. „Es geht um eine gesunde Opferbereitschaft“, so Karatsev  und er zitiert die Bibel: „Wir sollen Gott ein lebendiges Opfer sein – und keine Kadaver.“ In den Begegnungen im Rahmen der ACL sieht Karatsev für sein Team die Chance, über den eigenen Tellerrand zu schauen und zu erleben, wie Gott in den unterschiedlichsten Werken handelt.

Liebe braucht Achtsamkeit

Wie Christen in sozialmissionarischen Aufgabenbereichen gesund bleiben, darüber sprach Johannes Neufeld, leitender Pastor der Freien Christengemeinde Blankenheim, in einem Vortrag zur Achtsamkeit. „Wer nur auf die Lehre achtet, ohne auf sich selbst zu achten, landet bei einer Wahrheit ohne Liebe“, so Neufeld. Im Unterschied zur säkularen Achtsamkeit richte sich die christliche Achtsamkeit nicht nur nach innen. Neufeld weiter: „Sie orientiert sich nach oben, sie schaut nach außen.“

Gelebte „Jesus-Ökumene“

Im Blick auf die unterschiedlichen gemeindlichen Hintergründe der ACL-Mitglieder sagte Martin Scheuermann, Hausvater und Geschäftsführer von Haus Schönblick – Christliches Gästezentrum Württemberg (Schwäbisch Gmünd): „In den letzten Jahren ist eine richtige Jesus-Ökumene entstanden. Wir definieren uns nicht in Abgrenzung, wir definieren uns in Jesus.“ In seiner Auslegung zu Psalm 73 ermutigte er die Zuhörer zu einem österlichen Denken, dass den auferstandenen Jesus im Blick behalte. „Die oberste Regie hat nicht der Merz und nicht der Trump“, so Scheuermann. „Die oberste Regie hat unser Herr Jesus.“

Wohngemeinschaft ‚Neues Leben‘ e.V.

Gastgeber war in diesem Jahr das ACL-Mitglied „Wohngemeinschaft ‚Neues Leben‘ e.V.“, eine sozialmissionarische Arbeit für suchtkranke Menschen. In der im Jahr 2003 gegründeten Einrichtung werden aktuell 19 Männer – überwiegend mit Migrationshintergrund aus den baltischen Staaten und Polen – begleitet. Die ländlich gelegene Wohngemeinschaft bietet tagesstrukturierende Maßnahmen u.a. in einem Palettenwerk und in der Landwirtschaft. Mit Blick auf das Thema der ACL-Tagung sagte Einrichtungsleiter Denis Kemerer: „Für mich sind Begegnung und die persönliche Begleitung wichtig, um den Glauben weiterzugeben.“

 Die 100. ACL-Tagung

Die ACL-Tagungen sind ein Forum für Leitungspersonen aus den Mitgliedswerken der Arbeitsgemeinschaft christlicher Lebenshilfen. Die erste ACL-Tagung fand am 28. und 29. August 1971 mit Teilnehmern aus Deutschland und der Schweiz auf Einladung des Hoffnung für Dich e.V. in der Freien evangelischen Gemeinde Gießen statt.

An alle Mitarbeitenden aus den ACL-Werken richten sich die ACL-Konferenzen; zudem bietet die ACL Netzwerktreffen zu den Themen Sucht, Kids und Teens sowie seelische Gesundheit an. Die 101. ACL-Tagung wird zugleich als ACL-Konferenz vom 5. bis 8. März 2026 in Pracht im Westerwald stattfinden. Die 102. ACL-Tagung ist für den 24. bis 27. September 2026 in Borken geplant.

Die ACL (Arbeitsgemeinschaft Christlicher Lebenshilfen)

Die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Lebenshilfen ist ein freier Zusammenschluss von 42 Beratungs-, Therapie-, Seelsorgeeinrichtungen, Kliniken und Initiativen, die sich auf der Grundlage des Evangeliums beauftragt wissen, hilfsbedürftigen Menschen zu dienen und ihnen Lebenshilfen anzubieten. Jedes Mitgliedswerk bietet christlich orientierte Lebenshilfe im Rahmen von Haus- und Therapiegemeinschaften oder Fachkliniken an – für Menschen in Lebenskrisen.

Web: https://www.acl-deutschland.de/

 

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